PAARE – Dokumentation der Ausstellung vom 22. Dezember 2018 bis 6. Januar 2019

„…, dies unermessliche Ganze zu bilden.“

(Wilhelm von Humboldt, 1795)

Sexualität und die Weitung des Ichs in der Paarbindung

Eine künstlerische Untersuchung im Dialog mit der Wissenschaft

Ausstellung vom 22. Dezember 2018 bis 6. Januar 2019

in der Hörsaalruine des Medizinhistorischen Museums der Charité, Berlin.

Mit Werken von

Vlastimil Beneš, Monika Brachmann, George Grosz & Lilli Hill

Das Bedürfnis nach einer exklusiven Paarbindung ist eine menschliche Universalie. Wilhelm von Humboldt hat wohl als erster Wissenschaftler solch eine Paarbindung als überindividuelle Einheit beschrieben, die mehr ist als die Summe ihrer Teile und es einem Individuum überhaupt erst erlaubt, sein Selbst in größt- möglicher Vollkommenheit auszubilden. Dabei stellt er zwar die sinnliche Komponente der Paarbeziehung in den Mittelpunkt bzw. an deren Anfang, sieht jene darin jedoch längst nicht erschöpft, sondern geradezu als Ursprung jeglicher geistigen Verbindung: „… und selbst der Gedanke, dieser feinste und letzte Sprössling der Sinnlichkeit verläugnet diesen Ursprung nicht“ (Humboldt 1795).

Im Ausstellungsteil von [PAARE]: wurden Werke gezeigt, welche die Besonderheit und Exklusivität der Paarbeziehung, gleich welcher sexuellen Orientierung, im intimen Verhältnis zeigten. Es wurde damit die Bedeutung intimer Bindung – sowohl im gelungenen als auch im irritierten Fall – auf künstlerische Weise zur Darstellung gebracht und damit auch ein wichtiges Arbeitsfeld der Sexualmedizin für therapeutische Interventionen beleuchtet. Die der künstlerischen Darstellung innewohnende Freiheit der Behandlung des Themas – von der Verabsolutierung des Einzelfalls, der Abstraktion der Vielfalt des Wirklichen im Symbolischen bis zur Ästhetisierung des Extrems – bildete den Ansatzpunkt für einen Dialog von Kunst und Wissenschaft.

[PAARE]: widmete sich im Dialog von Kunst und Wissenschaft Grundfragen der Paarbeziehung. Ist das Bedürfnis nach einer exklusiven Zweierbeziehung wirklich eine menschliche Universalie oder Ergebnis kultureller (auch religiöser) Überformung bzw. Normierung? Ist die sexuelle Dimension notwendige Grundlage jeder Paarbeziehung? Wie verändert sich die sexuelle Dimension im Laufe langjähriger Paarbeziehungen? Welche Auswirkungen haben die Transformationen der Geschlechterrollen und die Pluralisierung von Geschlechtsidentitäten auf exklusive Paarbindungen? Wird eine Paarbeziehung als Einschränkung oder Weitung der eigenen Individualität erlebt? Welchen Einfluss haben sexuelle Störungen auf die Qualität der Paarbeziehung? Welche Bedeutung hat „beziehungslos“ gelebte Sexualität für das Individuum und die Gesellschaft?